Sie sind schwarz, auch mit Grau drin, im Schwarm, laut.
Schlau. Die Stadtkrähen. Sie kommen über den Winter aus dem kalten Osteuropa hierher. Teilen sich den Stadtpark auf und färben morgens die Wiese schwarz, bekleckern nachts den Waldboden - was für ein riesiges Vogelklo - mit einer scharfen Schicht. Und beobachten. Sehr genau mit ihren Onyxknöpfen.
Als Wiederholungsgäste wissen sie, dass die einheimischen Parkbesucher ihnen nichts anhaben. Im Gegenteil. Sie provozieren ziemlich beiläufig mit ihrem sensationellen Über - den Großzeh- Abroll- Onkelgang oder seitlichen Hüpfern Menschen mit Hund zu Handbewegungen in die Jackentasche, aus denen unbedingt für sie etwas herausfällt. Sie merken sich die Hunde genau, um bei deren erneutem Auftauchen albern in der Nähe ihrer federlosen Zweibeiner herumzusteppen.
Bis auf wenige Zentimeter an den Hund ran.
Es ist ein amüsantes Szenario. Jeden Mittag. Bis zu ihrem baldigen Start in die Übersommerung.
Landvögel sind gänzlich anders.
... Link
Den schicke ich eben mal meiner Neuverfönung voraus.
Im kleinen Gärtlein schieben sich bunte Spitzen an die Oberfläche. Fahrradfarben. Vom Ofen sehe ich ihren kecken Gruß.
In einer dunklen Ecke des Gartens warten noch ein paar Säcke voller Verwelktheit aus dem letzten Jahr. Die kommen zur offiziellen Entsorgungsstelle. Nein, nicht wild in den Wald.
Zahle eine kleine Gebühr am Eingang und parke das Auto vor der mindestens zwei Fußballtore breiten Bucht fürs unerwünschte oder verstorbene Grün. Viel Platz rechts und links. An der Beifahrerseite rangiert gekonnt jemand mit seinem Hänger rückwärts bis zum Rand. Knapp an mir vorbei, aber sauber. An der anderen Seite gelingt einem sportlichen Typ mit so ´ner Art Budjonnymütze ähnlich geschicktes Manöver. Er schwingt sich lächelnd zur Hängerklappe, während ich Säcke aus dem Auto zottele. Dabei höre ich von rechts Unfreundliches über meine Intelligenz und meine Anwesenheit überhaupt. Mein fragender Blick trifft auf einen Typen, dessen Körpergrenzen schon seit geraumer Zeit ihre Konturen irgendwo liegenließen, im Blaumann. Ich lobe ihn lächelnd für sein gelungenes Einparken, preise den Platz, den wir alle haben und fahre fort mit Ausladen. Der Blaue, dessen Kehle vermutlich seit Urzeiten kein Lachen mehr verließ, setzt seine tadelnde Ansprache an mich fort, gerät dabei in ein unappetitliches Crescendo. Meine sehr höflichen Worte erreichen nicht die Steigbügel am Vorort seines möglichen Verstandes. Er stiert mich aus quellenden Augen an und bewegt sich in meine Richtung. Ich bemerke sein kurzes Zögern. Plumps. Ein Abfallsack geht zu Boden. Meine Hände finden sich entschlossen an meinen Taillen wieder, um sofort den Zeigefinger meiner Rechten in gefährlicher Streckung auf die Brust des Blauen zu richten. Forsch trete ich auf den Es – kann – der Frömmste – Nicht – In – Frieden – Leben – Wenn – Es – Dem – Bösen - Nachbarn – Nicht – Gefällt – Nachbarn – zu und vernehme aus meinem Munde laut und streng: „Vati, fahr jetzt ganz schnell nach Hause, sonst werde ich gleich furchtbar böse!“ Da bin ich beim Blauen angekommen. Budjonny steht plötzlich in unmittelbarer Nähe. Der Blaue tut, wie ihm geheißen...
Diese Taxihasen, Gartenvatis und sonstigen Spezialheinis sind in meinem Wartezimmer grau und brav. Erst in ihrem natürlichen Lebensraum zeigen sie ihre besonderen Fähigkeiten. Sehr interessant. Das ermutigt mich zu weiteren Beobachtungen.
... Link
Teil 1
Jahre, was sage ich: Jahrzehnte habe ich Lebenszeit mit allerlei Überflüssigkeiten verbracht, nur nicht mit Frisörsitzungen, also halbe Stunde maximal, alle paar Monate. Bis neulich. Nachdem die auffällige Feuerrotphase von einer cremigen, schokobraunen Welle fortgespült wurde, diese wegen der ungewollten Potenzierung des Brauns hin zum Schwarz nach jeder Farbauffrischung die Winterbleiche und die Schatten mangelnden Schlafes gekonnt in Szene setzte, fasste ich den Entschluss, vom gemütlich verplauderten Dorffrisör ins hochkarätige Fachgeschäft an der pulsierenden Magistrale zu wechseln. Natürlich wurde mir glaubhaft versichert, dass es nun allerhöchste Zeit sei, diesen verdorbenen Kopf zu retten.
Bitte. Ich traf dort eine Freundin, die ebenso wenig Zeit wie ich hat, aber sie war irgendwie schon assimiliert. Ich wurde nach dem Inhalt meines Kleiderschrankes befragt- wichtig für die Wahl des Instrumentariums-und mit Beschwichtigungen eingelullt. Dabei bin ich ein ge(ver)brannntes Kopfkind. Aber nach einem anstrengenden Dienst am Bürger nehme ich eine beruhigende Kopfmassage, gepudert mit detaillierten Erläuterungen zum Procedere meiner Neuerschaffung, ein prickelndes Getränk meiner Wahl und eine bis dahin nie gehörte, sanft gesprochene Aufforderung: "Kuscheln´se sich mal schön hier rein", gelassen entgegen. Gemeint war das Rückwärtswaschbecken. Was soll ich sagen? Es hat geklappt. Das Porzellan war tätsächlich gemütlich. Ort des Geschehens: Das "Waschhaus". Leuchtdiodenhimmel mit Wechselfarbe in der Trockenbaukammer mit Kopfwaschplätzen. Für die ewig Gestrigen gab es einen vorwärts. Dämpfe aus dem Chemieunterricht stiegen mir in die Nase, meine Haare wurden irgendwie gemolken, gewalkt, gecremt, in Folie gewickelt, geduscht, gefönt.
"Ha, fünf Jahre jünger, mindestens!" Nach 2 Stunden. Alle Köpfe flogen herum und starrten auf meinen, mittlerweile sauerkrautfarben und entfärbt. Soso. Die Meisterin der Frauenköpfe verhängte nun den Spiegel - ich habe immer was für Überraschungen übrig. Der Hunger würgte meinen Leib.Unbehagen zog mich dringend fort. Heilfroh, endlich neu verfärbt und verfönt zu sein, störten mich die geopferten zehn Zentimeter mühsamen Wachstums nicht mehr, hörte die Belobigungen zum neuen Oberhaupt weit enfernt, kaufte ein Glätteisen nebst Hitzeschutz und stellte zu Hause- einige Euro ärmer, nüchtern fest: ´Sechs Jahre hat sie mir wieder draufgegeben.´
Am nächsten Tag bedauerten meine Mitarbeiter, dass ich den Termin zum Friseur doch nicht geschafft hätte...Pfff.
Wochen später...
... Link